Aktuell Sex & OrgasmusSex Scheidenverengung – Wenn Liebe machen wehtut

Scheidenverengung – Wenn Liebe machen wehtut

von menscore
Fachliche Beratung: Ärztliche Redaktion
© Yakobchuk Olena
© Yakobchuk Olena

Bei Scheidenverengung leiden viele Betroffene still vor sich hin. Dabei gibt es zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten, von Salben und Dehnungsübungen bis hin zu Hormongaben und Operationen.

„Wenn ich das nicht in den Griff bekomme, läuft mir mein Mann weg“, sagt eine Frau, die wegen eines Tumors im Unterleib bestrahlt wurde und seither unter einer Scheidenverengung – medizinisch: Vaginalstenose – leidet. Ihr Partner hätte zwar alles mit ihr mitgetragen, aber jetzt, ein Jahr danach, müsse es mit dem Sex wieder klappen.

Die Scheidenverengung, die sich unter der Strahlenbehandlung von Krebsgeschwüren im Beckenbereich bildet, ist weder die einzige, noch die häufigste Ursache der Vaginalverengung, die die Lebensqualität vieler Betroffener schwer beeinträchtigen kann.
Weitere Ursachen sind etwa misslungene gynäkologische Operationen, Risse bei der Entbindung und geschlechtsangleichende Operationen. Auch narbige Veränderungen nach Verletzungen und Infektionen, bestimmte Hauterkrankungen (z.B. Lichen sclerosus) sowie die angeborene hormonelle Vermännlichung (Adrenogenitales Syndrom) können zu einer Scheidenverengung führen.

„Die häufigste Ursache dürfte die Menopause sein. Sinkt der Östrogenspiegel, kann die bindegewebige Unterpolsterung der Scheidenwand verkümmern. Dieser Umstand ist selbst vielen Gynäkologen nicht bewusst, obwohl über 30 Prozent der postmenopausalen Frauen davon betroffen sind. Die Schmerzen, die die Frauen bei der Penetration beim Sex empfinden, werden von den meisten Frauenärzten auf die Scheidentrockenheit allein zurückgeführt, die ebenfalls durch einen Östrogenmangel verursacht wird“, sagt Markus Valk, Gynäkologe und Sexualmediziner in Wesel und unter anderem Leiter der AG Sexualmedizin beim Berufsverband der Frauenärzte und Psychotherapeut.

So vielfältig die Ursachen sind, die Beschwerden sind fast immer die gleichen: Die betroffenen Frauen haben oft Schmerzen bei Penetration und folglich Angst vor dem Geschlechtsverkehr und vor der Untersuchung beim Frauenarzt. Einige haben sogar Probleme, Tampons einzuführen. Ihr Leidensdruck ist immens. Dennoch leiden viele von ihnen still vor sich hin. Sie schämen sich, vermeintlich „nicht mehr richtig Frau“ zu sein und sorgen sich, nicht ernstgenommen zu werden. Oft vertrauen sie sich nicht einmal ihrem Gynäkologen an. Ihr Leidensdruck steigt, wenn auch ihre Partner leiden, etwa weil die Schmerzen die gewohnte und gewünschte sexuelle Intimität nicht mehr zulassen.
Dabei gibt es Lösungen für die meisten betroffenen Frauen“, sagt Gynäkologe Valk. „Dennoch erfährt das Thema leider zu wenig Aufmerksamkeit. Selbst im deutschsprachigen Internet ist verhältnismäßig wenig dazu zu finden. Ausnahmen sind die strahlenbedingte Vaginalstenose und der Vaginismus.“

Eine Selbsthilfeoption für fast alle Fälle von Scheidenverengung können Dehnungsstifte sein, sogenannte Dilatoren, mit denen die Scheide geweitet werden kann. Das sind eigens für diese Indikation hergestellte Medizinprodukte, die in Sets von verschiedenen Größen erhältlich sind. Die Dehnungsstifte können von den Betroffenen zu Hause angewandt werden, wobei diese mit der Größe anfangen sollten, die sie ohne Schmerzen anwenden können und sich langsam zum nächstgrößeren Stift vorarbeiten. „Betroffene sollten allerdings immer erst die Ursache für ihre Schmerzen gynäkologisch abklären lassen, bevor sie zu Selbsthilfemaßnahmen greifen, um die Beschwerden nicht womöglich zu verschlimmern“, sagt Professorin Christl Reisenauer, leitende Ärztin der Sektion Urogynäkologie an der Universitäts-Frauenklinik in Tübingen. Vorteil der Dehnungsstifte ist, dass Betroffene sich selbst zu Hause behandeln und dadurch auch das Tempo selbst bestimmen können. Nachteil ist, dass die Dilatoren oft selbst bezahlt werden müssen.
Bei Östrogenmangel als Ursache stellt die Gabe des Hormons das Mittel der Wahl dar. Hier kann zwischen Hormontabletten,–salben und –zäpfchen gewählt werden, wobei die Salben und Zäpfchen weniger Nebenwirkungen haben als Tabletten.

In anderen Fällen können Kortison oder hyaluronsäurehaltige Gels helfen. Ist die Verengung dagegen zu ausgeprägt, wie etwa nach misslungenen Operationen oder ausgedehnten Verletzungen, können korrigierende Operationen notwendig sein.
Sind die Schmerzen und das daraus folgende Unvermögen, die Penetration der Scheide zu ertragen, nicht anatomisch bedingt, sondern hat die Funktionsstörung psychische Ursachen, kann auch eine verhaltensorientierte Psychotherapie erfolgversprechend sein. Damit können Ängste, die für funktionelle „Verengungen“ ursächlich sind, gelöst werden. Das ist häufig beim Vaginismus – im Volksmund „Scheidenkrampf“ genannt, der Fall. Dabei spannen sich durch die Schmerzerwartung Muskeln unwillkürlich an und verengen den Scheideneingang, aber auch die Oberschenkel werden gewissermaßen „zugemacht“, weil sich die Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur ebenfalls unwillkürlich anspannen. Solche Ängste können sich ebenfalls als Folge einer ursprünglich nur anatomischen Verengung ausgebildet haben. Auch in diesen Fällen kann eine Psychotherapie hilfreich sein und die Betroffenen im medizinischen Behandlungsprozess unterstützen.
„Je nach Fall ist es sinnvoll, ein Therapieprogramm bestehend aus mehreren Maßnahmen zu verfolgen“, sagt der Münchner plastische Chirurg Dr. Dominik von Lukowicz, der u.a. Frauen mit Vaginismus, bei denen andere Methoden versagt haben, mit vaginalen Botulinum-Injektionen wieder zu einem normalen Sexualleben verhilft.

„Ist die Scheidenverengung schließlich behoben, haben sich die Mühen für viele betroffene Frauen gelohnt. Vor allem die Rückkehr zu einem normalen, schmerzfreien und genussvollen Sexualleben, das sie teilweise lange entbehren mussten, und die nicht unerhebliche Steigerung des Selbstwertes als Frau lässt sie regelrecht wieder aufblühen“, sagt Gynäkologe und Psychotherapeut Valk.

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