Aktuell HodenHodenkrebs Männlich, jung, Hodenkrebs gefährdet.

Männlich, jung, Hodenkrebs gefährdet.

von menscore
Fachliche Beratung: Dr. med. Pottek, Prof. Heidenreich, Dr. med. Schroeder
© LoloStock - Fotolia.com
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Wenigstens Hoch-Risiko-Patienten screenen

Ein überzeugenderes Argument, das gegen flächendeckende Früherkennungsuntersuchungen auch von symptom- und beschwerdefreien jungen Männern spricht, wird dagegen nur ganz selten genannt: Da Hodenkrebs sehr schnell wächst, kann eine Untersuchung durch einen Arzt immer nur eine Momentaufnahme darstellen. Bei wem heute kein Krebs festgestellt wurde, kann in vier bis fünf Wochen schon einen tastbaren Tumor haben. Und weil eine monatliche Untersuchung aller Männer im betreffenden Alter weder praktikabel noch bezahlbar wäre, fordern einige Fachärzte, wenigstens die Männer mit einem erhöhten Risiko für Hodenkrebs herauszufiltern und engmaschig zu untersuchen. „Nachdem die Risikogruppen für die Entwicklung von Hodentumoren wie Hodenhochstand, eingeschränkter Fruchtbarkeit und familiäre Häufung bekannt sind, sollen insbesondere diese Jungen und Männer zu einer regelmäßigen Untersuchung des Hodens eingeladen werden“, fordert der Aachener Urologe Heidenreich.

Für Kurt Miller, Leiter der urologischen Klinik der Charité in Berlin, könnte die Lösung in einem Kompromiss bestehen: Eine einmalige Hodenkrebs-Früherkennungsuntersuchung von Männern im betreffenden Alter auf Kassenkosten, bei der die Ärzte eine Anleitung zur am besten monatlich durchgeführten Selbstuntersuchung geben. In diesem Rahmen könnten die Mediziner zum einen diejenigen Männer mit erhöhtem Risiko aussieben und zum anderen den Männern auch erklären, wie wichtig es ist, bei einer Auffälligkeit beim Abtasten schnell zu handeln. Denn: „Laut einer Doktorarbeit aus 2010[1] begeben sich Männer, die den Tumor selbst an ihrem Hoden bemerken, erst Monate später in Behandlung, während Männer, deren Hodentumor von einem Arzt entdeckt wurde, viel früher und damit in einem früheren Krankheitsstadium einer Therapie zugeführt werden“, zitiert der Hamburger Urologe Pottek.

Mit ihrer Forderung sind diese Experten in guter Gesellschaft. Auch die Wissenschaftler des US-amerikanischen National Cancer Institute gehen davon aus, dass das frühe Entdecken des Tumors dem Patienten ausgedehnte operative und chemotherapeutische Behandlungen und deren teilweise schweren Nebenwirkungen ersparen würde. Sie empfehlen, ebenso wie der kanadische CTFPHC (Canadian Task Force on Preventive Health Care) sowie die renommierte Cochrane Collaboration, ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Ärzten, das sich an den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin orientiert, Männer mit hohem Risiko für Hodenkrebs über ihr erhöhtes Risiko aufzuklären und ihnen die Möglichkeit einer engmaschigen Kontrolle unter Aufklärung über deren Vor- und Nachteile zu eröffnen. Damit könnte die Versorgungslücke zwischen dem 15. Und 45. Lebensjahr geschlossen werden.

Eine Krankenversicherung bildet die Ausnahme

Handlungsbedarf sieht man auch beim Berufsverband der Deutschen Urologen (BDU). Um den Wegfall der Hodenuntersuchung im Rahmen der Musterung zu kompensieren, hat man u.a. auch mehrere große gesetzliche Krankenversicherer informell angesprochen. „Von allen angefragten GKV’en hat sich allein die BKK Mobil Oil in Celle im Rahmen eines Selektivvertrages dazu bereiterklärt, für Männer zwischen 20 und 45 Jahren eine einmalige Hodenuntersuchung anzubieten“, berichtet der BDU-Präsident und niedergelassene Urologe und Androloge Axel Schroeder. Bei wem sich bei dieser Untersuchung spezielle Risikofaktoren identifizieren lassen, der kann im Anschluss eine jährliche Vorsorge in Anspruch nehmen. Damit hat diese Maßnahme das Ziel, die Funktion eines Hochrisikofilters zu erfüllen.

Wie viele andere Experten auch, hält Pottek die Initiative der BKK Mobil Oil für eine gute, aber kaum ausreichende Einzelmaßnahme. Er hofft, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen die Kosten einer Früherkennungsuntersuchung auch für Jugendliche und erwachsene Männer ab dem 20. Lebensjahr übernehmen. Und sei es nur dem Erhalt der Fruchtbarkeit zuliebe; denn so mancher Mann, dessen Krebs erst spät entdeckt wurde, ist auch in diesem Punkt auf sich gestellt: Die gesetzlichen Krankenversicherungen übernehmen nicht die Kosten für eine Spermakonservierung zur Realisierung eines späteren Kinderwunsches.

 

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