Aktuell ProstataProstatakrebs Komplikationen nach Prostata-OP & was dagegen hilft

Komplikationen nach Prostata-OP & was dagegen hilft

von menscore
Fachliche Beratung: Ärztliche Redaktion
© easaab - Fotolia.com
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Durch die radikale Prostatektomie (RPE), bei der die Prostata mitsamt ihrer Kapsel entfernt wird, kann die Krebserkrankung geheilt, Leben gerettet werden. Wären da nicht die Komplikationen, die auch nach einer erfolgreichen OP auftreten können.

Wie nach den meisten Operationen bestehen auch nach der radikalen Prostataentfernung die Risiken von Blutung, Thrombose, Embolie und Wundinfektion. Diese Folgen sind jedoch allgemeiner Natur und treten selten auf. Häufiger dagegen sind die RPE typischen Komplikationen: Harnröhrenenge (Striktur), unwillkürlicher und unkontrollierbarer Harnverlust (Inkontinenz) und Erektionsstörungen (Erektile Dysfunktion, ED).

Harnröhrenenge

Bei einigen wenigen Patienten tritt einige Zeit nach der Operation Verengung  im Bereich der neuen Verbindung zwischen  Blase und Harnröhre auf, mit der Folge, dass Betroffene nur unter starkem Pressen (schwacher Harnstrahl, Tröpfeln) oder gar nicht mehr Wasserlassen können.

Hilfe bei Harnröhrenenge

Die Enge kann mittels eines endoskopischen operativen Eingriffs durch die Harnröhre geweitet werden. In manchen Fällen kommt die Enge wieder. Gelegentlich muss dann eine offene Operation vorgenommen werden. Urologe Dr. Tobias Pottek, Chefarzt der Urologie am Asklepios Westklinikum in Hamburg: „Diese Operationen sollten nur von sehr erfahrenen Experten vorgenommen werden!“.

Vorübergehender Harnverlust

Im Normalfall verhindern hauptsächlich zwei Schließmuskel, dass man Harn verliert: der nicht willkürlich steuerbare innere Schließmuskel im Bereich des Blasenhalses und der willkürlich kontrollierbare äußere Schließmuskel im Bereich des Beckenbodens. Außerdem übt die Prostata selbst passiv Druck auf diesen Abschnitt der der Harnröhre aus.

Da während der Operation mit der Prostata auch der innere Schließmuskel entfernt wird, fallen zwei Mechanismen weg, und der willkürliche äußere Schließmuskel im Beckenbodenbereich muss die Funktion, den Harn zu halten, alleine gewährleisten. Dafür braucht er allerdings eine gewisse Zeit, bis er das kann. Ist der Betroffene älter und hatte er vor der OP auch eine gutartige Prostatavergrößerung, dauert dieser Prozess länger.

Hilfe bei Harnverlust

Benutzung geeigneter Hilfsmittel wie Vorlagen, Kondomurinale etc., außerdem Beckenbodengymnastik zur Stärkung des Schließmuskels. Es sollte etwa ein Jahr lang regelmäßig geübt werden. Kommt der Patient alleine nicht klar, kann ein erfahrener Physiotherapeut helfen.

Bleibender Harnverlust

Bei einigen Patienten kommt es während der Operation zu einer Schwächung auch des äußeren, willkürlich steuerbaren Schließmuskels mit der Folge, dass die Unfähigkeit, den Harn zu halten, dauerhaft ist.

Hilfe bei chronischem Harnverlust

Zusätzlich zum Beckenbodentraining ein Biofeedback-Training des Beckenbodens. Hierbei wird dem Patienten durch einen Analsensor, eine kleine Sonde die im Analkanal platziert wird, die Aktivität der Beckenbodenmuskulatur beim Training akustisch oder optisch angezeigt. Wenn diese Biofeedback-Methode zwei- bis dreimal am Tag für einige Minuten durchgeführt wird, kommt es häufig zu einer merklichen Stärkung des Schließmuskels und zu einer besseren Fähigkeit, den Urin zu halten. Ein entsprechendes Gerät kann vom Urologen verschrieben und vom Betroffenen zu Hause angewandt werden.

Bleiben diese Maßnahmen ohne Erfolg, kann ein Band implantiert werden, das die Harnröhre wieder in die Wirkungszone des geschwächten Schließmuskels zurückführt. Geht das nicht, muss ein künstlicher Schließmuskel operativ eingepflanzt werden, der sehr zuverlässig funktioniert. Die früher gefürchteten Infektionsraten liegen heute unter drei Prozent, sofern der Eingriff in spezialisierten Zentren vorgenommen wird. „Es ist nicht immer richtig, dass es weniger Komplikationen bei Operateuren gibt, die sehr viele Eingriffe durchführen. Für die Schließmuskelimplantation ist es aber bewiesen“, sagt Dr. Pottek vom Asklepios Westklinikum Hamburg, in dem sehr viele dieser Operationen vorgenommen werden.

Trockener Orgasmus

Der Großteil der Samenflüssigkeit wird in der Prostata und den Samenblasen gebildet. Da bei der Operation beide entfernt und die Samenleiter durchtrennt werden, ist der Orgasmus nach der Operation gewissermaßen „trocken“; Betroffene haben einen Orgamus ohne zu ejakulieren. Während einige Männer den trockenen Orgasmus als „sich normal anfühlend“ empfinden, berichten andere über ein schwächeres Orgasmusgefühl als vor der OP.

Eine Abhilfe dagegen ist nicht möglich.

Vorübergehende Erektionsstörung

Die für die Erektion zuständigen Nerven und Blutgefäße verlaufen an beiden Seiten unmittelbar neben der Prostata und in die Schwellkörper des Penis. Da die oberste medizinische Priorität lautet, den Krebs vollständig zu entfernen, damit es zu keinem Rückfall kommt, müssen diese Gefäß-Nervenbündel oft mitentfernt werden. Ist der Tumor jedoch klein und hat die Prostatakapsel noch nicht erreicht, können die Erektionsnerven dank feinerer Operationstechniken auf einer oder sogar beiden Seiten erhalten werden. Allerdings können auch bei Erhaltung der Erektionsnerven bis zu zwei Jahre vergehen, bis wieder spontane Erektionen auftreten.

Hilfe gegen Erektionsstörung

  • Eine Maßnahme besteht in der Einnahme von Tabletten mit dem Wirkstoff Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Inhibitoren). Diese funktioniert allerdings in der Regel nur, wenn die Gefäß-Nervenbündel (Erektionsnerven und –gefäße) wenigstens auf einer Seite erhalten wurden. „Erstaunlicherweise gibt es Männer, die nicht-nervenschonend operiert wurden, und die trotzdem Erektionen haben, die für einen Geschlechtsverkehr ausreichen. Daher sollte jedem Patienten nach der Prostatektomie eine medikamentöse Unterstützung angeboten werden, sofern er keine Kontraindikationen hat“, so Pottek.

Die mechanische Methode zur Erlangung der Gliedsteife ist mit einer Vakuumerektionshilfe („Vakuumpumpe“)

  • Bei der SchwellKörperAuto­injektionsTherapie („SKAT“) müssen Betroffene gefäßerweiternde Medikamente, selbst in den Schwellkörper spritzen.
  • Eine weitere Maßnahme besteht darin, eine Schwellkörperprothese operativ einzupflanzen.

Dauerhafte Impotenz (erektile Dysfunktion, ED)

Nach einer Prostata-Operation ist nicht nur die Erektionshilfe „bei Bedarf“ wichtig, sondern auch die rasche Rückkehr zu spontanen Erektionen. Denn mit der Operation verschwindet auch die Fähigkeit für nächtliche, automatisch ablaufende Erektionen, und damit die extrem wichtigen Trainingseinheiten für die Schwellkörper. Werden diese aber nicht trainiert, werden sie bindegewebig umgebaut und können nicht mehr die für eine Erektion erforderliche Menge Blut aufnehmen. Die Folge: eine handfeste Impotenz, bei der es nicht mehr möglich ist, ohne Hilfsmittel und nur mit sexueller Stimulation eine Erektion zu erlangen, und eine Verkürzung des Penis.

Hilfe bei Impotenz

Sowohl medizinische Vakuum-Erektionshilfen als auch die regelmäßige Einnahme von niedrig-dosierten PDE-5-Hemmer-Tabletten können erheblich zur Rehabilitation der erektilen Funktion beitragen, also eine raschere Rückkehr zu spontanen Erektionen ermöglichen (Schwellkörper-Training), indem sie den fibrotischen Umbau der Schwellkörper mit Verkürzung des Penis überwiegend verhindern. Allerdings wirken Vakuumpumpen unabhängig von der Frage, ob bei der Operation Nervenbündel erhalten wurden oder nicht. Im Gegensatz dazu dürfen Medikamente nur zum Einsatz kommen, wenn es keine Kontraindikationen dagegen bestehen, und sind bei einigen wenigen Betroffenen wirksam, bei denen nicht-nerverhaltend operiert wurde.

Wenn diese konservativen Methoden keine angemessene Verbesserung erbringen, bleibt auch hier nur die Implantation von Schwellkörperprothesen. „In erfahrener Hand ist das heute eine komplikationsarme, aber höchsteffektive Methode, den Männern mit einem operierten Prostatakarzinom wieder zu Erektionen zu verhelfen. Mittlerweile werden täglich hunderte von Implantate vorgenommen, in Gelenke, in Augen, in Brüste und so weiter… Wir haben alle sehr viel dazugelernt, daher sind diese Dinge heute kein Problem mehr“, so Dr. Pottek.  

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