Sterilisation – ein gewagter Schnitt? von menscore 18. Februar 2012 geschrieben von menscore Fachliche Beratung: Ärztliche Redaktion © Stephan Morrosch - Fotolia.com Zu jung, um Vater zu werden, und bei der Partnerin klappt es mit der Pille nicht. Oder man möchte einfach sorglos Sex haben. Die Sterilisation scheint da die Antwort auf alle Gebete. Für den ersten Fall ist es das auch oft. Aber Achtung: sie schützt nicht vor Krankheiten. Für sorglosen Sex mit oft wechselnden (vielleicht auch sorglosen?) Partnerinnen ist sie nicht die beste Wahl. Durchtrennen der Samenleiter Für die sicherste Verhütungsmethode, eine Sterilisation (medizinisch: Vasektomie), entscheiden sich in Deutschland nach wie vor nur sehr wenige Männer, insgesamt etwa zwei bis drei Prozent. Viele haben Angst, den vermeintlich unwiderrufbaren Schnitt im Schritt später einmal zu bereuen. In einer Schweizer Studie mit 871 Patienten bedauerten dagegen nur 1,3 Prozent der Sterilisierten den Eingriff. Fast alle anderen waren knapp vier Jahre danach mit der problemlosen Verhütungsmethode zufrieden. Die Männer waren allerdings im Mittel vor dem Eingriff bereits 2,4-mal Vater geworden. Kurz und schmerzlos: Zwei schnelle Schnitte Die Sterilisation ist ein relativ unkomplizierter chirurgischer Eingriff. Mit zwei kleinen seitlichen Schnitten an den Hoden werden die beiden Samenleiter erst freigelegt, dann durchtrennt und – damit sie nicht wieder zusammenwachsen – nach hinten gebunden. Der Eingriff dauert ein paar Minuten und wird meist ambulant unter örtlicher Betäubung durchgeführt. Die Vasektomie wird als traditioneller Skalpellschnitt oder mit Laser angeboten. Probleme: Geringe Beschwerden sind danach möglich: 18 Prozent klagen über vorübergehende Hodenschmerzen, bei 13 Prozent kommt es zu Blutergüssen. Nur äußerst selten kommt es zu – behandelbaren – Entzündungen der Nebenhoden. Kontrolle: Einige Wochen später wird anhand eines Spermiogramms nachgeprüft, ob tatsächlich keine Samenzellen mehr im Ejakulat vorhanden sind. Wie lange das dauert, hängt von der Häufigkeit sexueller Aktivität ab: Bei Männern, die mehr als dreimal pro Woche eine Ejakulation hatten, konnten Forscher bereits nach neun Wochen keine Spermien mehr entdecken. Bei weniger Aktiven dauerte es bis zur absoluten Spermienfreiheit im Mittel zwölf Wochen. Mit Gefühl: Die Fähigkeit zur Ejakulation und auch die Menge des Ejakulats bleiben erhalten – die Spermien machen nämlich nur drei bis fünf Prozent des Samenergusses aus. Neue Technik: Verzicht auf die Klinge Das Verfahren kommt aus den USA, wird aber auch schon hierzulande eingesetzt – die messerlose Vasektomie. Dabei wird der Samenleiter zuerst von außen ertastet und abgeklemmt, dann durch ein per Spitzzange erzeugtes Loch aus dem Hodensack herausgezogen. Anschließend wird ein Stück des Samenleiters herausgeschnitten; die Enden werden mit Hitze versiegelt und zurückgeschoben. Der Eingriff erfolgt unter örtlicher Betäubung. „Um Schmerzen nach der Operation zu vermeiden, wird während des Eingriffs ein Schmerzblocker um die Samenleiter herum gespritzt“, erklärt der Urologe Dr. Tobias Pottek vom Asklepios Westklinikum Hamburg. Vorteile: Komplikationen durch Blutungen oder Infektionen sind selten, Nähte überflüssig. Nach drei Wochen ist alles narbenfrei verheilt. Die Kosten für die Sterilisation betragen 300 bis 500 Euro, die gesetzlichen Kassen übernehmen sie für den Eingriff grundsätzlich nicht. Kommando zurück: Die Refertilisation Sie haben es sich anders überlegt und wollen die Sterilisation wieder rückgängig machen? Das ist (fast) kein Problem. Viele sterilisierte Männer können nach einer kleinen Operation wieder Kinder zeugen, ergab eine deutsche Studie, selbst wenn der Eingriff mehr als 15 Jahre zurückliegt. Von 419 Männern, deren Sterilisation im Schnitt knapp acht Jahre zurücklag, konnten bei über 86 Prozent nach einer Refertilisation funktionstüchtige Spermien im Ejakulat nachgewiesen werden, bei 42 Prozent immerhin mehr als 20 Millionen Spermien pro Milliliter. Und über 46 Prozent der Männer gelang es, nach der Refertilisation ihre Partnerin zu schwängern. Die Operation Die Refertilisation wird unter Vollnarkose durchgeführt und dauert ca. zwei bis vier Stunden. Dabei wird nach einem zwei Zentimeter langen Schnitt am Hodensack mit Operationsmikroskopen mit 10- bis 20-facher Vergrößerung gearbeitet. Bewährt hat sich die so genannte zweischichtige Vasovasostomie, wobei eine erste innere Nahtreihe die Ränder des Samenkanals und eine zweite äußere die Muskelwand der Samenleiter verbindet. Der Vorteil: Mit der inneren Naht erreicht man Wasserdichtigkeit, die äußere sorgt für die notwendige Zugfestigkeit. Hürden Ein Grund für ausbleibenden Erfolg nach dem Flicken der Samenleiter ist die mögliche Bildung körpereigener Antikörper gegen die eigenen Spermien. Ein weiterer Engpass: Häufig stauen sich die Samen in den Nebenhoden, sodass in solchen Fällen ein Bypass (medizinisch: Tubulovasostomie) nötig wird. Dabei verbindet der Chirurg den Samenleiter direkt mit dem Nebenhodenkanal. Ausweg Bleibt eine Refertilisation dennoch erfolglos, kann ein Kinderwunsch trotzdem erfüllt werden. Dazu werden Spermien operativ den Nebenhoden oder dem Hodengewebe entnommen, isoliert und im Labor in die Eizelle der Partnerin injiziert (ICSI, intracytoplasmatische Spermieninjektion). Auf diese Weise befruchtete Eizellen werden dann in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Krankenkassen übernehmen die Kosten nach Einzelfallprüfung, und die gesetzlichen meist nur einen Anteil. Wenn nicht, müssen Sie mit 3000 bis 5000 Euro rechnen, die Sie berappen müssen. EjakulationRefertilisationSterilisationVerhütungsmethode vorheriger Beitrag Sicherste Methode nächster Beitrag Alle 20 Minuten verwirrt Testosteron unsere Sinne